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Negativ-Trend in Caravaning-Branche: Preise steigen, Qualität nicht

Oft genug wurde es geschrieben: Die Caravaning-Branche war eine der wenigen Profiteure der Corona-Krise. Nun schreitet die Branche aber auf einem langfristig gefährlichen Pfad.

Wohnmobile warten auf Käufer: Caravaning wird immer beliebter – und teurer.

 ©Michael Kirchberger ampnet

Die Caravaning-Branche hat sich gewandelt. Wo einst Handwerker auf der Brücke der Unternehmen standen, sitzen jetzt smarte Manager auf dem Kapitänssessel, für die Camping bis vor kurzem noch eine eher unadäquate Urlaubsform war. Das ist weder für die Produkte noch für die Kunden gut.

Bescheiden, aber herzlich, so ging es bei den Herstellern von Reisemobilen und Wohnwagen noch in den späten Achtzigern des vorigen Jahrhunderts zu. Wer als Medienvertreter zu einer Presseveranstaltung eingeladen wurde, bekam seine Reiseauslagen erstattet, was gerade für freie Journalisten angesichts spärlicher Honorarzahlungen der Zeitungen sehr hilfreich war. Und wer ein Testfahrzeug auslieh, sollte bei der einen oder anderen Marke mit einem wohlgefüllten Kühlschrank bei seiner Berichterstattung milde gestimmt werden. Auch die Kunden wurden hofiert, mit schnellen Lieferungen und günstigen Preisen gewonnen. Nichts von dem ist geblieben. Im Gegenteil.

Wer heute als Camper auf Reisen gehen möchte, braucht ein gut gefülltes Bankkonto und Geduld. Daran wird sich wohl auch in der laufenden Saison nichts ändern, wie eine Befragung der Unternehmensberatung GSR und den Marktforschern von Miios bei den Handelsbetrieben ergeben hat. Demnach erwarten 42 Prozent der Händler weiterhin Lieferzeiten von mehr als zwölf Monaten und 50 Prozent von ihnen Preissteigerungen um bis zu zehn Prozent. Jeder zehnte Händler ist der Meinung, dass die Anschaffungskosten eines Neufahrzeugs sogar um bis zu 20 Prozent nach oben klettern werden. Schon in den vergangenen Jahren hat sich das Preisniveau deutlich erhöht, etwa 35 Prozent teurer sind Reisemobile seit 2019 geworden.

Was sich nicht verbessert hat, ist dagegen die Qualität. Selbst bei handverlesenen Testfahrzeugen kommt es zu Ausfällen mit defekten Schubladenschlössern, abfallenden Griffen oder undichten Wassertanks. Und ein Kunde, der ohne eine einzige Reklamation von der ersten Urlaubsfahrt zurückkehrt, ist wohl kaum zu finden. Selbst bei Premiumprodukten läuft einiges schief. Nach drei Jahren ist von Ausfällen bei Kühlschränken und Heizungen zu hören, sogar Undichtigkeiten tauchen nach dieser vergleichsweise kurzen Betriebszeit auf.

Dabei gewinnen die Hersteller am Ende nur augenscheinlich. Knaus Tabbert hat im abgelaufenen Geschäftsjahr zwar erstmals die Marke von einer Milliarde Umsatz geknackt. Der Erlös erreichte ebenfalls Rekordniveau. Aber lange bleiben die unzufriedenen Kunden nicht bei der Stange. Ein Arzt aus Rüsselsheim etwa will sich nach nur kurzer Haltedauer wieder von seinem Reisemobil trennen, das an allen Ecken und Enden Mängel aufweist. Und sicher ist, dass er dabei gleich auch die Marke wechselt.

Das Marktvolumen schätzen GSR und Miios aktuell auf 15,5 Milliarden Euro, 90.000 Neuzulassungen von Freizeitfahrzeugen werden für dieses Jahr erwartet. Potenzial nach oben besteht weiterhin, denn etwa 20 Millionen Menschen geben sich als campingaffin aus – bei derzeit nur 1,5 Millionen zugelassenen Campingmobilen sind daher weitere Steigerungen wahrscheinlich. Zumal manch ein Wohnmobilbesitzer den steigenden Preisen und höheren Zinsen mit einem privaten Geschäftsmodell begegnet: Immer mehr Camper vermieten ihr eigenes Reisemobil und relativieren so das hohe Niveau der Kosten.

Michael Kirchberger cen